"Supernovae, Alpine Erstbesteigungen und eine Reise ins Weltall."

Ein Beitrag zum 100'ten Geburtstag von Fritz Zwicky"

von Oliver Knill, 14. July 1998
In English English translation


Schwäche für Genies

Fritz Zwicky Zwicky's
Wohnort als Kind in Glarus Fritz Zwicky (1898-1974), dessen hundertster Geburtstag 1998 gefeiert wurde, gilt sowohl als einer der brillantesten Astrophysiker als auch als eine der ungewöhnlichsten Persönlichkeiten in diesem Jahrhundert. Der Schweizer Zwicky wurde am 14. Februar 1898 in Varna in Bulgarien geboren und wuchs in Mollis im Glarnerland auf.
Zwicky's Studienjahre an der ETH in Zürich sind durch eine Schwäche für geniale Lehrer geprägt. Am Ende seines Studiums in Physik diplomierte er bei Herman Weyl Herman Weyl (1885-1955) . Während seiner ETH Zeit war Zwicky vor allem von seinem Physikprofessor Auguste Piccard (1884-1962) beeindruckt. Nach einer Dissertation im Jahre 1922 unter der Leitung von späteren Chemie Nobelpreisträger's (1936) ) Peter Debye Peter Debye (1884-1966) und Korreferenten Paul Scherrer (1890-1969) (dem Mitbegründer des Cern) wurde er vom späteren Nobelpreisträger Millikan ans Caltech gebracht, wo Zwicky dann für lange Zeit eine Professur hatte. Zwicky hatte regelmässig Kontakte mit Albert Einstein. Diese Kontakte und die Tatsache, dass Einstein an der ETH zu Zwicky's Studienzeit an der ETH lehrte, dass er in the USA manchmal als Schüler von Einstein vorgestellt wurde. Zwicky's Schwäche für Genies wird vorallem in seinem Buch "jeder ist ein Genie" ersichtlich. Dieser Titel steht heute in krassem Widerspruch zum Dilbert'schen Prinzip: "Wir sind alle Idioten". Doch wer das Buch liest wird es vielleicht fast als einen Vorläufer des Dilbert Prinzips entdecken.

Stichelei mit Millikan

Millikan Zwicky wurde 1925 von Millikan ans Caltech geholt. Caltech Brunnen Millikan, (1868-1953) der 1923 den Nobelpreis durch seine Arbeit über die elektrische Elementarladung ( Millikan Öl experiment ) erhalten hatte, erwartete von Zwicky zuerst theoretische Forschung auf dem Gebiete der Quantenmechanik von Atomen und Metallen. Im Laufe der 20'er und 30'er Jahre zog es Zwicky jedoch zur Astrophysik. Nach einer der vielen Anekdoten, die von Zwicky erzählt werden, habe er einmal Millikan vorgeworfen habe, dass jener niemals selbst eine Idee gehabt habe, worauf Millikan antwortete "Nun gut, junger Mann, wie steht es mit Ihnen?" Zwicky gab zurück: "Ich habe all zwei Jahre eine gute Idee. Geben Sie mir ein Thema, ich liefere Ihnen die Idee!". Worauf Millikan den jungen Zwicky spontan aufgefordert habe, sich in Astrophysik zu versuchen (Quelle Wild). Tatsächlich brauchte Caltech zu dieser Zeit Astrophysiker, denn es war mit dem Bau des Palomar Observatoriums beauftragt worden.
Während in den dreissiger und vierziger Jahren viele von Zwicky's Kollegen jenen als einen ärgerlichen Possenreisser hielten, sollten ihn spätere Generationen von Astrophysiker als ein kreatives Genius betrachten (Quelle Thorne). Aversionen gegen Zwicky's Art, "das Kind beim Namen zu nennen" und Bescheidenheit als Lüge zu betrachten, überleben bis heute. In der Geschichte des Wilson Observatoriums oder manchem Textbuch der Astronomie sucht man die Namen Zwicky oder Baade vergeblich. Einer der Gründe mag auch darin bestehen, dass der eher sture Zwicky die Schweizer Bürgerschaft immer beibehalten hat, obwohl er mehr als 40 Jahre lang in den USA gelebt hatte (Quelle Wild).

Sprungschanze beim Observatorium

Vom Campus des California Institut of Technology (kurz Caltech) in Pasadena aus hat man bei gutem Wetter eine gute Sicht auf den Mount Wilson . Auf diesem Berg nahe bei Pasadena unterhält Caltech bis heute ein Observatorium. Von Pasadena aus kann man in einer guten halben Stunde nach schöner, passähnlicher Autofahrt auf der Crest Highway den Gipfel erreichen. Der Ort ist vor allem im Sommer eine kühle Oase ist, nördlich vom kargen Mojave Wüstengebiet und südlich von der Los Angeles Metropole umgeben. Der Glarner Zwicky schätzte diesen Ort in den Kalifornischen Sankt Gabriel Bergen nicht nur zum Arbeiten. Als passionierter Bergsteiger liebte er die Berge. Er hatte im Winter zum Beispiel manchmal seine Skies zur Arbeit mitgenommen um in der freien Zeit neben dem Teleskop auf einer selbstgebauten Schanze zu springen.

Der Berg und der Big Bang

Mount Baldi

Von wissenschaftlicher Hinsicht her ist der Mount Wilson ein historisch wichtiger Ort:
  • Michelson Im Jahre 1878 hat der Physiker und spätere Nobelpreisträger A. Michelson (1852-1931) dort die Lichtgeschwindigkeit gemessen, indem er einen Lichtstrahl vom Mount Wilson auf einen Spiegel des 35 Kilometer entfernten Mount Baldy schickte und die Zeit mass, bis der Strahl zurückkehrte. (Kurzbiographie von Michelson . Im Jahre 1920 konnte Michelson mit seinem Interferometer auf dem Mount Wilson das erste mal den Durchmesser eines anderen Sternes zu messen (der Stern war die Beteigeuze im der Schulterstern im Sternbild Orion ). Michelson ist übrigens 1931 in Pasadena gestorben.


    Orion Beteigeuze
  • Hale George Ellery Hale (1868-1938), der Gründer des Mount Wilson Observatoriums machte dort im Jahre 1908 die Entdeckung, dass Sonnenflecken starke magnetische Felder haben. Das war das erste mal, dass magnetische Felder ausserhalb der Erde gemessen wurden. 100 Inch Telescope
  • Von 1917-1947 an war das 100 Inch Teleskop auf dem Mount Wilson das weltweit grösste Teleskop. Mit diesem Teleskop hat Edwin Hubble (1889-1953) die Distanz und Geschwindigkeit von Galaxien gemessen die zur Einsicht fürte, dass das Universum expandiert und vor 15-20 Milliarden Jahren mit einem 'Big Bang' begonnen haben muss.
Eine virtuelle Tour durch das Observatorium ist im Internet möglich.

Sphärische Bastarde und ein Gewehrschuss

Über Zwicky existieren viele Annektoten:
  • In den Gängen des Physikgebädes am Caltech pflegte Zwicky Studenten, deren Gesicht er nicht kannte, mit den Worten: "Wer zum Teufel sind Sie?" anzureden. Ob dies der Grund ist, dass so als Studenten traumatisierte spätere Physiker nicht so gut auf Zwicky zu sprechen sind, kann nur vermutet werden. Im Bestseller "Black Holes & Time Warps" von Kip Thorne, dem Feynman Professor in Theoretischer Physik am Caltech, zum Beispiel kommt Zwicky manchmal nicht so gut weg ...
  • Andere Astronomen am Mount Wilson Observatorium nannte Zwicky "Sphärische Bastarde". Wesshalb sphärisch? "Weil sie Bastarde seien, von welcher Seite man sie auch anschaue." Obwohl Zwicky für seine rauhe Sprache bekannt war, konnte die Sache auch peinlich werden: an der Universität von Texas in Austin erzählt man sich, dass die Zwickies einmal ein paar Doktoranden zu sich zum Nachtessen eingeladen habe. Als die Gruppe an der Tür läutete, öffnete Zwicky's Frau Dorothea und rief in allem Ernst ins Haus "Fritz, die Bastarde sind hier!". Der Begriff war in Zwicky's Haus zur Normalität geworden.
  • Zwicky war bekannt dafür, während Vorträgen aufzustehen, um dem Referenten mitzuteilen, dass das behandelte Problem schon lange vorher, nämlich von Fritz Zwicky gelöst worden sei. Tatsächlich war Zwicky in Prioritätsfragen empfindlich und das zum Teil nicht ohne Grund. Er war zum Beispiel sehr schlecht auf Robert Oppenheimer zu sprechen, der die Theorie der Neutronensterne (dem "Baby" von Zwicky) weiterentwickelte und später eine wichtige Rolle am Manhatten- Projekt der Amerikaner inne hatte. Zwicky
am Telescop
  • Während einer Beobachtungsnacht auf dem Mount Wilson, als die Turbulenzen in der Luft einmal besonders störend waren, befahl Zwicky seinem Assistenten, mit einem Gewehr in die turbulente Luft zu schiessen. Seine Hoffnung war, dass der Schuss die Turbulenzen glätten würde. Der Schuss wurde abgefeuert, die Turbulenzen jedoch blieben ... Diese Geschichte illustriert, dass Zwicky bereit war, auch ganz ungewönliche Lösungsmethoden zu versuchen.
  • Zwicky hat sich sein Leben lang kritisch mit Religion auseinandergestzt. (Quelle "Jeder ein Genie"). In einem Tagebucheintrag 1971 schreibt er "Die Unerklärlichkeit und das ungeheure Wunder der Welt, wie sie existiert, auf ein anderes Wunder Gott zurückzuschieben ist unnötig, und für keinen wirklichen Denker akzeptabel". Nach einer Annektote soll Zwicky einmal mit einem Geistlichen über den Ursprung des Universums diskutiert haben. Der Geistliche sagte, dass das Universum mit den Worten "Und es werde Licht" begann. Zwicky antwortete, dass er ihm diese Erklärung abkaufen würder, falls es "Und es werde Elektromagnetismus" geheissen hätte (Quelle Caltech web) .

Die Antipoden Zwicky und Baade

Walter Baade Walter Baade (1893-1960), ein deutscher Astronom, war am Anfang der dreissiger Jahre von Hamburg und Göttingen nach Pasadena gekommen, um am Mount Wilson, Sternbeobachtungen zu machen. Baade war ein brillanter Astronom mit enzyklopädischem Wissen. Er war so ziemlich das Gegenteil vom stürmischen Zwicky. Die Antipoden Zwicky und Baade kamen sich jedoch bald näher, jeder die Qualitäten des anderen schätzend. Man sah in diesen Jahren Zwicky und Baade in Pasadena oft animiert über "Novae" diskutieren. Novae sind neu auftretende Sterne, die plötzlich 10000 mal stärker sind als vorher sind und deren Helligkeit dann nach etwa einem Monat langsam zum Normalwert zurükkehren. Es gab damals auch Hinweise auf übermässig helle Novae die in bestimmten Nebeln auftreten. In den 20'er Jahren begannen die Astrophysiker zu vermuten, dass diese Nebel keine Gasnebel in unserer Milchstrasse, sondern eigene Galaxien sind, riesige Ansammlungen von Billionen von Sternen. Solche Novae würden aber nach Baades Berechnungen millionenfach stärker als die Sonne sein.

Die Entdeckung der Neutronensterne

Mit einem Flair fürs Extreme war Zwicky fasziniert von Novae. Zusammen mit Baade nannte er das Phänomen "Supernovae". Sie sahen voraus, dass diese Supernovae durch Explosionen von normalen Sternen entstehen. Um diese Explosionen zu erklären, erfand Zwicky den Neutronenstern. Der Zufall wollte es, dass das Neutron gerade um die Zeit entdeckt wurde, als Baade und Zwicky daran arbeiteten, die Supernovae zu erklären. Das Neutron war gerade das, was Zwicky brauchte. Vielleicht könnte ein normalen Stern implodieren bis er die Dichte das atomaren Kernes erreichte? Zwicky nannte ein solches Neutronengas einen "Neutronenstern". Die freigewordene Implosionsenergie würde in explosive Energie umgesetzt und das wäre genug, um das Phänomen der Supernovae zu erklären. Um diese Zeit war man auch daran, die Herkunft der kosmische Gammastrahlung zu ergründen, von der die Erde vom Weltraum aus beschossen wird. Millikan war der führende Forscher auf diesem Gebeit. Zwicky überzeugte sich, dass die meiste dieser kosmischen Strahlung von Supernovae stammt. Im Jahre 1934 präsentierten Zwicky und Baade ihre Arbeit "Supernovae and Cosmic Rays" in Stanford. Sie gilt als eine der weitsichtigsten Arbeiten in der Geschichte der Physik und der Astronomie (Zitat Thorne).

Moderne Rätsel

Der Ablauf der Entdeckung der Neutronensterne ist exemplarisch. Heute, 60 Jahre nach der Entdeckung des Neutronensterns finden Astrophysiker immer noch neue Sternformen. Im Mai 1998 wurde gerade eine neue Sternart entdeckt, sogenannte Magnetars . Das sind Neutronensterne mit den stärksten magnetischen Feldern die man kennt. Diese Sterne wurden vor 6 Jahren von Duncan und Thomson theoretisch vorausgesagt. Beobachtungen von diesem Jahr bestätigen nun diese Theorie, obwohl die Fachwelt deren Ideen lange belächelt hat.
Fritz Zwicky bemerkte im Jahre 1933, dass reiche Galaxienhaufen 10 bis 100 mal die sichtbare Masse haben müssen damit sie zusammenzuhalten werden. Die Ursache für diese dunkle Materie ist auch heute noch zum Teil noch ein Rätsel.

Reise des Sonnensystems nach Alpha Centauri

Zwicky's entwickelte phantastische Science Fiction Ideen, die denen von Jules Vernes kaum nachstehen.
  • Im Jahre 1948 schlug Zwicky vor, extraterrestische Quellen zu verwenden, um das Universum umzukonstruieren. Das sollte damit beginnen, andere Planeten, Monde und Asteroiden durch Umbau bewohnbar zu machen und deren Bahn um die Sonne zu verändern, um die Temperatur zu justieren. (Quelle).
  • In den sechziger Jahren hatte Zwicky die Idee, die Kernfusion auf der Sonne durch Beschuss assymmetrisch zu verändern um damit die Bahn der Sonne und damit des gesamten Sonnensystems zu beienflussen. Er schrieb, dass es damit einmal möglich würde, zu anderen Sternen zu reisen, zum Beispiel zum nächsten Sternsystem Alpha Centauri - während einer 2500 jährigen Reise. (Für mehr Details siehe das seperate Essay).
Bescheidenere Versionen von solch fantastischem Gigantismus tönen aber schon recht realistisch: Im Jahre 1961 hat zum Beispiel Carl Sagan (1934-1996) ( info ) (der Autor von "Contact" und ein populärer Astrophysiker) vorgeschlagen, Algenkolonien in die Venusatmosphäre zu schiessen, um die CO 2 Konzentration auf der Venus zu verringern. Das würde den Planet später einmal bewohnbar machen. Im Jahre 1963 hatte Dandridge Cole vorgeschlagen, einen ellipsoiden Asteroiden von 30 km Länge auszuhölen, ihn um die Längsachse rotieren zu lassen, um Gravitation zu simulieren und das Innere mit Spiegeln mit Sonnenlicht zu erhellen. Das ganze könnte so als Weltraumstation verwendet werden.

Morphologie: Ein Trick zum Ideensammeln

"Morphologie" ist eine Denkmethode, die von Zwicky begründet wurde. Eine der Ideen der Morphologie ist, systematisch Kombinationen nach Lösungen von Problemen abzusuchen. Dabei bedient man sich zum Beispiel eines 'morphologischen Kastens'. Dass dabei auch a priori unsinnige Kombinationen durchprobieren werden, die noch niemand vorher gemacht, birgt eines der Grundelemente der Kreativität. Im Falle vom Schachspiel zum Beispiel war es eine Überraschung, dass rein systematisches Absuchen von Zugskombinationen mit zu kreativem Schachspiel führen kann. Es hatte soweit geführt, dass Garry Kasparov dem Team hinter dem Schachkomputer Deep Blue nach einem verlorenem Spiel zuerst betrügerische Tätigkeiten unterstellt hat.
Zwicky hat die Morphologie in seinen Forschungen, als auch in der Industrie als Berater bei der Firma Raketen firma "Aerojet" angewandt. Als Illustration, wie Zwicky zu Ideen gekommen sein könnte, kann der Leser oder die Leserin die Methode selbst versuchen. Man bilde alle Kombination von Begriffen aus dem folgenden Kasten:

Sonne Mond Erde
Geschoss Rakete Bombe
Sonnensystem Raumfahrt Weltraum


Beim Durchprobieren von Kombinationen, generiert man ganz verrückte Dinge, zum Beispiel eine neue Art von Raumfahrt, bei welcher die Sonne als Rakete verwendet wird, oder die Idee, mit einem Geschoss auf den Mond zu schiessen oder die Idee mit einem Geschoss quer durch die Erde zu reisen. Alle drei Dinge wurden von Zwicky tatsächlich vorgeschlagen.
Morphologie war zeitweise im Management populär, zum Beispiel an der Ciba . Die Methode hat jedoch auch ihre Nachteile und kann zu schwerfällig sein. Eine Anektote dazu, wie auch eine Kritik von Bruno Stanek an der Methode findet sich in Müller's Buch über Zwicky.

Lenin und Zwicky als Nachbarn

In Müller's Zwicky-Biographie wird die Frage aufgeworfen ob es Lenin war, der in Zürich mit Zwicky Tür an Tür mit Zwicky an der Spiegelgasse gewohnt hat, der Zwicky den Anstoss zur Morphologie gegeben gatte. Nach Zwicky's Freund Albert Wilson, habe im friedlichen Zürich am Anfang des Jahrhunderts ein Klima der Toleranz geherrscht, welches neuen Ideen ungestörtes Wachstum erlaubte: Beispiele wie Lenin, Einstein, C.G. Jung, Trotzky oder Zwicky zeugten davon. (Quelle Müller). Ob Lenin Einfluss auf Zwicky hatte, ist eher zweifelhaft, denn Zwicky war als Student überzeugter Antikommunist und verliess die Hochschule sogar für eine Weile um als politischer Sekretär einer von ihm mitgegründeten Organisation den 'kommunistischen Agitatoren' entgegenzutreten. Der Einfluss von Zwicky's Lehrern am Poly (Jargon für die ETH Zürich ) könnte entscheidender für sein Nachdenken über Denkmethoden gewesen sein. Zwicky hatte Vorlesungen bei hervorragenden Mathematikern wie Weyl, Grossmann, Polya oder Hurwitz. Polya zeigt in einem berümten Büchlein über das Lösen von mathematischen Problemen, dass er an der ETH über Mechanismen zur Kreativität unterrichtet wurde.

Künstliche Meteore

Neben seiner Arbeit am Caltech war Zwicky auch in der Californischen Raketenfirma 'Aerojet' beschäftigt. Nach Reichstein war dieses zweite Tätigkeit für Zwicky eine Möglichkeit vom Campus zu verschwinden, wenn die Luft am Caltech wieder einmal zu dick wurde.
Zwicky war stolz darauf, wesentlich dazu beigetragen zu haben, 1957 als erster ein Geschoss in den Weltraum geschossen zu haben, dass die Erdgravitation für immer verlassen hat. Diese Versuche funktionierten so, dass auf einer von Deutschland übernommen V2 Rakete ein Sprengsatz montiert wurde, auf der dann beim Erreichen des Zenits der Flugbahn eine Kugel weggesprengt wurde. Diese Versuche mit 'künstlichen Meteoren' haben kurz nach dem 2. Weltkrieg begonnen und waren zuerst erfolglos. Als es 10 Jahre später endlich klappte, fanden sie im Schatten einer dramatischeren Entwicklung statt: Sputnik war gerade in eine Erdumlaufbahn geschossen worden und der dadurch entstandene psychologische Shock löste eine fieberhafte Forschung der USA aus, von der Zwicky überrollt wurde. Es scheint ihn gefuchst zu haben, dass die späteren Entwicklungen der Raumfahrt ohne ihn stattgefunden haben. Ein Hinweis darauf gibt die Tatsache, dass der erste Schritt des Menschen auf dem Mond von Zwicky in seinem Tagebuch nirgends erwähnt wurde.

Erstbesteigung der Glärnisch Nordwand

Thadeus Reichstein Zwicky mit Hendricks 
in den kanadischen Rockies 1931 Durch das Aufwachsen im Glarnerland war Zwicky auf natürliche Weise zum Bergsteigen gekommen. Auch wärend seiner Zeit an der ETH ging er meist mit seinem Freund Thadeus Reichstein (1897-1996) zu Berg. (Reichstein hat später den Nobelpreis in Medizin mit Philip S. Hench and Edward C. Kendall geteilt für die Entdeckung des Cortisons. Reichstein hat auch als erster das Vitamins C synthetisiert und damit die Grundlagen für eine industrielle Produktion dieses Vitamins gelegt.)
Das Bergsteiger-Duo Reichstein-Zwicky hatte auch neue Routen in den Alpen erschlossen, die dann zum Teil im Clubführer des SAC aufgenommen worden sind. Im Jahre 1924 zum Beispiel bestiegen sie als erste den oberen Teil der Glärnisch Nordwand. Als Zwicky im Jahre 1925 ein Rockefeller Stipendium offeriert wurde, um in den USA ein Postdoc zu machen, wählte er das Caltech in Pasadena. Man sagt, er habe als Grund für diesen Ort angegeben: "weil es dort Berge habe".
Auch Zwicky's Begründung, überhaupt Bergsteigen zu gehen ist typisch, originell und stolz auf die Originalität:

"Nichtalpinisten fragen immer wieder, warum wir denn wie die Irrsinnigen die Berge stürmen. Darauf sind alle möglichen Antworten gegeben worden. Die Grossartigkeit der Natur, zum Austoben der körperlichen Kräfte, die Flucht aus dem Alltag oder die Freude am Abenteuer (ganz nach Schiller: "Und setzest Du nicht das Leben ein, enie wird Dir das Leben gewonnen sein") und so weiter. Aber noch nie habe ich von der Antwort gehört die für mich und meine steten Bergkamaraden wir Professor Reichstein von der Universität Basel galt, nämlich die folgende: "Im täglichen Leben, wie auch in der Wissenschaft, begegnet man selten Problemen, die man alleine, vollkommen und in kurzer Zeit bewätigen kann. Auch wenn man sie mit Erfolg anpackt, scheinen immer wieder neue Aspekte aufzutauchen, die uns lange, vielleicht das ganze Leben lang zu schaffen machen. Wir dürsten desshalb nach Leistungen, die wie ein Kunstwerk abgeschlossen werden können, die wir allein vollbracht haben und die uns niemand streitig machen kann. Die Erstbesteigung eines Berges oder die Begehung einer neuen, schwierigen Route stellen im allgemeinen eine solche Leistung dar."

Slalomweltmeisterin Rösli Streiff

Roesli Streiff Über Jahrzehnte hat Zwicky mit Rösli Streiff (der Slalomweltmeisterin von 1932) Korrespondenz unterhalten. Diese in Müller's Biographie zum Teil wiedergegebenen Briefe sagen viel über das Leben und Denken von Zwicky aus. Die Korrespondenzen mit Streiff versiegen leider 1947, als Zwicky zum zweiten mal heiratete. Ein Auszug aus einem der letzten Briefe an Streiff, in einer für Zwicky stressvollen Zeit im Jahre 1946, als Zwicky noch geschieden lebte:
"Habe Dank für Deine vielen lieben Briefe. Zur solchen Leichtigkeit im Schreiben habe ich es nie bringen können und jetzt fällt es mir schon ungeheuer schwer, die Feder zu führen. Also von mir kannst Du in dieser Beziehung nicht viel erwarten. Ungefär jeden Abend komme ich abgehundet nach Hause und habe gerade noch genug Energie, um die endlosen Steuerzettel auszufüllen, die Rechnungen zu bezahlen, meinen Haushalt nicht verlottern zu lassen und eine Stunde dem Radiokonzert zuzuhören. Nicht einmal eine Zeitung halte ich, ausser der Schweizer-Amerikanischen, die einmal inder Woche kommt. Berge waren einmal mein grosses Erlebnis; aber das ist schon längst vorbei; ich träume gelegentlich von wunderbaren Tagen, lese auch noch einige Seiten in einem Bergbuch. Aber der Gedanke an eine Wiederaufnahme aktiver Tätigkeit ist ganz erblasst."

Seine zweite Frau, Margrit Zürcher hat Zwicky Anfangs 1947 in Thun kennengelernt. Auch nach seiner Emeritierung im Jahre 1968 lebten sie in Pasadena, wobei sie sich auch für längere Zeit in der Schweiz in Gümligen aufhielten.

Mollis
Zwicky ist 1974 in Pasadena gestorben. Sein Grab befindet sich in Mollis.

Literatur

  • Roland Müller, Fritz Zwicky, Leben und Werk des grossen Astrophysikers, Raketenforschers und Morphologen, Verlag Baeschlin, Glarus, 1986
  • Fritz Zwicky, Jeder ein Genie, Verlag Baeschlin, Glarus, 1971, 2. (reprint) Auflage, 1992
  • Fritz Zwicky, Entdecken, Erfinden, Forschen im Morphologischen Weltbild, Verlag Baeschlin, Glarus, 1966, 2. (reprint) Auflage 1989
  • Paul Wild, Fritz Zwicky, in "Morphological Cosmology", Lecture Notes in Physics, Volume 332, p. 391-398
  • K.S. Thorne, Black Holes and Time Warps, W.W. Norton Company, 1994
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